„Durch den Radsport kam ich hier nach Werder“
Kunstradfahren ist ihr Leben. Johanna Nähring kam im Sommer 1955 nach Werder, um hier Radsportler zu trainieren. „Früher war die Entfernung zu meiner Heimatstadt für meine Wahl ausschlaggebend. Schwerin war einfach weiter weg und ich entschied mich nach Werder zu ziehen. Bedauert habe ich die Entscheidung nie. Auch wenn ich nach so vielen Jahren keine Werdersche bin, fühle ich mich doch sehr mit der Stadt verbunden“, erzählt sie und dann beginnt sie mit ihrer Geschichte und erzählt, wie sie überhaupt zum Radsport kam.
„Eigentlich komme ich aus Schlesien, doch da wurden wir ja 1947 umgesiedelt und meine Familie zog in die Oberlausitz nach Seifhemmersdorf. Dort haben meine Eltern wieder Fuss gefasst und Arbeit gefunden und ich bin dem dortigen Handballverein beigetreten“, beginnt sie ihre Erzählung. „Sehr schnell merkte ich, dass es da noch eine kleine Gruppe Radsportler gab und das interessierte mich weitaus mehr, als Handball, also wechselte ich zu den Radsportlern. Von dort aus fuhren wir dann oft nach Greiz zu Weiterbildungslehrgängen.“
„1953, ich weiß das noch genau wie heute, bin ich das erste Mal mit zu den DDR-Meisterschaften gefahren. Das waren Erlebnisse, die ich nicht so schnell vergessen werde“, berichtet sie. „Als ich dann 1954, glaube ich jedenfalls, war das, wieder zu einem Übungsleiterlehrgang nach Greiz gefahren bin, haben die dort wahrscheinlich gemerkt, dass sie noch Trainer brauchen und ich mich ganz gut dafür eigenen würde und so wurde ich auf die Deutsche Hochschule für Körperkultur und Sport nach Leipzig delegiert.“
„Zwei Jahre dauerte damals meine Ausbildung“, erzählt Johanna Nähring. „Als ich dann mit meiner Ausbildung fertig war, stand in meinem Sportverein „Einheit“ die Frage, wohin ich nun gehen sollte.Da wurde mir angeboten nach Werder oder Schwerin zu gehen, um dort Radsportler zu trainieren. Ich entschied mich für Werder, weil das näher an zu Hause war und so kam ich 1955 in die Havelstadt.“
„Doch die Entfernung war nicht der einzige Grund, wieso ich mich für Werder entschied. Während meiner Zeit in Greiz lernte ich Inge Schmalfeld und Inge Kleine aus Werder kennen. Der Kontakt war also schon da und die Wahl fiel damit ganz einfach und ausserdem war das Potential an jungen Leuten in der Havelstadt ganz gut.“
„Früher leitete Ernst Hendrich die Radsportler in Werder“, erinnert sie sich und grübelt wie denn der Trainer der Werderaner Radsportler hieß. „Das ist schon so lange her, aber jetzt weiß ich es, er hieß Heinz Schwinke“ und erzählt weiter.
„Die Ausbildung der Werderaner Radsportler war schon solide und sie brachten auch gute Leistungen, da konnte man gut drauf aufbauen und das wir Erfolg hatten, zeigen schließlich die vielen DDR-Meistertitel im Jugend einer und Zweier Kunstfahren. Wir waren wirklich gut und gehörten mit zur Spitze im DDR-Maßstab.“
„Da fällt mir noch etwas ein, das war ganz putzig“, wirft sie ein und erzählt,„die ersten zwei Jahre hier in Werder war ich bei der Stadt angestellt und meine Stelle wurde über den Kreis finanziert. Später dann übernahm mich der DTSB (Deutsche Turn und Sport Bund) und ich gehörte zum Verein BSG Einheit Werder.“
„Wir hatten hier in Werder viele gute Fahrerinnen und Fahrer. Rosemarie Penquitt war mehrfache Jugend- und DDR-Meisterin im Kunstfahren. Erika Buron und Renate Henkel haben sogar Silbermedaille in Zweier-Kunstradfahren bekommen. Und Dr. Gabriele Jank war auch DDR-Meisterin,“ führt sie nur einige der besten Werderaner an. „Bis 1970 trainierte ich und dann wurde im DTSB umstrukturiert und nur noch olympischen Disziplinen gefördert. Ich verließ dann die Trainerbank und bin dann in der kommunalen Berufsschule Caputh als Heimerzieherin arbeiten gegangen.“ „Nach der Wende, 1995, traten dann einige ehemalige Kunstradfahrer an mich heran, ob wir nicht etwas zum 100jährigen Bestehen von Borussia Werder machen wollen und seitdem fahren wir wieder.“