„Ich war so klein und flink, da wunderten sich viele“

„1928/29 sind wir nach Plessow gezogen. Das Haus in dem wir wohnten, bekam einen neuen Pächter und wir mussten wieder umziehen“ erzählt sie. „Meine Mutter und ich zogen nach Petzow. Meine Schule in Petzow besuchte aber trotzdem weiter.“

„1938, mit 16 Jahren habe ich dann schon geheiratet“ erzählt sie und genießt dabei einen Schluck Kaffee. „Die Hochzeit feierten wir in Werder, aber nur standesamtlich.“

„Wie ich meinen Mann kennenlernte?“ wiederholt sie die Frage. „Das war ein netter Zufall. Der damals junge Mann hatte seine Schwester hier in Werder besucht und irgendwie hat mich meine Mutter gerufen. Er sprach mich auch gleich mit Lieschen an, als ich rauskam. Da war ich ganz schön baff. Aber er hatte sich gleich in mich verliebt. Er kam aus Berlin und kam immer mit dem Moped nach Werder. Später hat er sich dann hier eine Arbeit gesucht und ist schließlich hergezogen. Bis 1945 arbeitete er bei Vulkanfieber und anschließend beim Straßenbau in Geltow.“

„Richtig gearbeitet, so in einer Fabrik oder Firma, habe ich eigentlich nie“ erzählt sie. „Ich hatte auch kaum eine Gelegenheit einen richtigen Beruf zu erlernen. Wir haben ja schon so früh geheiratet. Ich war einige Male bei Obstzüchtern und habe in Haushalten ausgeholfen. Bei Goldschmiedemeister Alfons Link und beim Fotografen war ich einige Jahre im Haushalt.“

„Mein Mann machte sich schließlich selbstständig. Er gründete ein Fuhrunternehmen und wird hatten einen Garten am Werderaner Bahnhof. Das waren schwere Zeiten für uns alle“ erinnert sie sich und erzählt weiter „unser Garten war dort, wo heute der Wasserturm ist. Wir hatten viel Viehzeug. Das kann sich heute niemand mehr vorstellen, wie das bei uns ablief. In der Küche hatten wir einen Verschlag, wo wir die Küken großgezogen haben. Wenn die etwas größer waren, haben wir sie in den Garten umgesiedelt, zu den Kaninchen. Ich musste immer früh raus. Die Tiere füttern, den Garten sprengen und mich um das Obst und Gemüse kümmern, das wir angebaut haben. Während ich im Garten beschäftigt war, fuhr mein Mann mit seinem Wagen und unserem lieben Schimmel Hans das Obst der Obstbauern aus Plessow und Glindow abholen und brachte es zur Sammelstelle. Wenn dann in der Erntezeit viel los war, musste ich immer mit rann“ erklärt sie. Mein Mann hatte sich dann einen zweiten Wagen mit Pferd geborgt, auf dem ich dann unterwegs war. Auf dem Wagen sah ich ganz normal aus. Nur wenn ich abstieg, sahen die Leute erst, wie klein ich wirklich war und sie wunderten sich, wie schnell ich doch beim Arbeiten war. Das war immer lustig, weil die Leute so verdutzte Gesichter gemacht haben“ schmunzelt sie.

„Wenn ich dann fertig war, habe ich zu Hause auf meinen Mann gewartet. Wenn er mit seinem Fuhrwerk ankam, habe ich das Klappern schon von weitem gehört und wusste, dass er gleich zu Hause ist.“

„Später habe ich dann in der Küche auf der Friedrichshöhe gearbeitet. Immer wenn dann dort Veranstaltungen waren, kam ich erst spät nach Hause. Samstags und sonntags ging es immer lange. Mein Mann war ziemlich eiversüchtig und hat einmal unseren Schwiegersohn überredet, nach dem Rechten zu schauen. Aber er hat mich nicht mit einem anderen erwischt. Ich war arbeiten und das hat er gesehen. Da war er beruhigt. Später habe ich dann in der Stuhlfabrik gearbeitet. Wir haben Stühle für die Russen gebaut“ erzählt sie. „Bis Anfang der 70er Jahre war ich da und wollte dann aufhören. Man wollte mich aber nicht gehen lassen. Ich hörte aber trotzdem auf.“