Geschichten - Arno Kadatz

„Ich habe zwei Heimaten: Werder und das Vogtland“

In Werder wohnen Menschen aus allen Himmelsrichtungen. Auch Arno Kadatz zog es 1966 in die Havelstadt. Eigentlich wurde der gelernte Tischler 1941 im Vogtland geboren, wuchs in seiner Heimat auf und lernte in Bern, im Kreis Auerbach sowie an der Gewerkeberufsschule in Plauen. „Es war damals gar nicht so leicht eine Lehrstelle zu bekommen“ erinnert er sich. „Eigentlich wollte ich ja auch in der Firma meines Vaters anfangen, doch das wollte er wieder nicht. Einer in der Firma, reicht, meinte er damals. Also habe ich in einem anderen Betrieb gelernt.  Nach meiner Berufsausbildung kam ich dann zu einem Familienbesuch nach Werder und lernte hier meine Frau kennen. Das war 1964/65. Wir haben gleich geheiratet und ich bin hergezogen. Es hat mir hier auf Anhieb gefallen, obwohl ich auch das Vogtland nicht vergessen kann. Aber da fährt man ja nur drei Stunden und so habe ich jetzt zwei Heimaten, in denen ich mich sehr wohl fühle.“

„Als ich hier her kam, gab es nur wenige Wohnungen und wir lebten die ersten beiden Jahre bei meinen Schwiegereltern. Wir haben dann in der Baderstraße eine Wohnung bekommen. Anfangs habe ich in der Stuhlfabrik gearbeitet. Dort war sieben oder acht Jahre lang. Wir haben dort gute Ware produziert. Drei Sorten Stühle, waren es, glaube ich. Ausserdem haben wir in der Stuhlfabrik auch Absätze für Schuhe gemacht“ erzählt er.

„Im Volksmund hieß die Stuhlfabrik immer Knochenmühle, weil dort sehr schwer gearbeitet wurde. Ich hatte immer große Achtung vor den Leuten, die dort gearbeitet haben. Zum großen Teil haben dort Frauen gearbeitet.“

„Irgendwann kam dann die Zeit der Genossenschaften und ich war noch jung. 1971/72 wechselte ich in die GPG Frühling. Da bekamen wir auch mehr Geld als in der Knochenmühle. Es war ein schönes Arbeiten in der Obstproduktion.  Jede GPG hatte früher ihre eigene Handwerkertruppe, die alles in Ordnung hielt. Bei uns hieß das Brigade Technik. In der GPG haben sie viel Blumenkohl angebaut. Die GPG lief gut. Besonders zur Erntezeit gab es immer viel zu tun. Da mußten wir immer mit rann“ berichtet Arno Kadatz.

„Dieter Wache war damals in der GPG Gartenbauingenieur und heute ist er selbstständig. Fritz Krüger hat damals unsere Gruppe geleitet. Doch wir durften nicht nur an der Technik arbeiten oder Sachen für die Genossenschaft bauen. Wenn es trockene Sommer waren, mussten wir auch oft mit auf die Felder zum bewässern. Langweilig wurde uns dabei nie.“

„Später wurden dann viele kleine Genossenschaften zu großen GPGen zusammengeschlossen. So auch unsere. Aus den GPGen wurde die Obstproduktion und der Technikstützpunkt war damals in Göhlsdorf. Wir haben dort Großkisten gebaut“ erinnert er sich an die alten Zeiten.

„Drei Jahre nach dem Zusammenschluss der kleinen GPGen hörte ich aber in der großen Kolchose auf und fing wieder in der Stuhlfabrik an zu arbeiten. Der Betriebsteil, in dem ich gearbeitet habe, hieß Sanetra. Wir bauten Kleinmöbel wie Schuhschränke und all sowas. Ausserdem haben wir viel für unsere großen Brüder gebaut. Als dann die Wende kam, ging es dem Betrieb an den Kragen. Ich wurde auf null Stunden gesetzt. Das war eine schlimme Zeit für uns alle“ erzählt er.

„Alles Inventar wurde genauestens aufgelistet, weil der Betrieb an einen anderen Eigentümer übergeben werden sollte. Wir brachten die Maschinen raus und ein teil davon wurde verkauft, der andere verschrottet. Allen, die lange in der Fabrik gearbeitet hatten, tat das ganz schön weh.  Dann hat die Firma König aus Stade die Fabrik gekauft. Es wurde investiert und auch abgerissen. Ein paar Leute wurden übernommen. Die Stuhlfabrik wurde dann zu einer Tiefbaufirma, die Pfahlbohrungen gemacht haben. Das ging aber auch nicht lange und dann wurden in der Firma Kunststoffenster gebaut. Das hat auch riesigen Spaß  gemacht.“

„Aber wie das nun mal so ist, wurden es immer mehr Mitarbeiter in der Firma und es wurden Leute entlassen. Der Chef hat sich seine Entlassungskandidaten genau ausgesucht. Wo die Frauen schon arbeitslos waren, die Mitarbeiter konnten bleiben. Ich war leider nicht darunter und wurde leider entlassen.“